Die Nacht war super erholsam im Wald. Die dichten Bäume schützten uns sehr gut vor den frühen Sonnenstrahlen uns so schliefen wir sogar bis 9 Uhr. Der Radweg war anfangs sehr schön zu fahren und die Vorfreude auf die Ostsee war so groß, dass wir direkt in Bademontur radelten. Das Gewässer ließ jedoch noch auf sich warten.
Speziell die letzten Kilometer bis nach Anklam waren dann doch noch einmal eine Herausforderung. Der Weg wurde immer holpriger. Anfangs noch ein Feldweg zwischen Seen und Tümpel begann der Weg zunehmend aus komisch geformten Betonplatten zu bestehen. Das schüttelte ordentlich alles durch und war nach einigen Kilometern auch sehr zermürbend. Erleichtert erreichten wir schließlich Anklam, wo wir einen Wander und Wasserrastplatz ansteuerten. Dieser liegt direkt an dem Fluss Peene und beherbergt Radfahrer, Kayak-Wanderer sowie Bootsbesitzer oder auch sonstige Campingfreunde. Mit etwas wenig Cash ausgestattet ließ der Chef der Anlage auch unsere letzten 10 Euro in Bar als Schlüsselkaution durchgehen.
Das WLAN auf der Wiese funktionierte vorzüglich und so genehmigten wir uns noch ein paar Biere und freuten uns riesig auf das EM-Endspiel. Wir setzten uns zunächst auf eine Bank und starteten den Kocher (für Pasta mit roten Linsen und Tomatensauße) sowie das iPad für die Vorberichterstattung. Während wir gemütlich zu essen begannen und das Spiel die ersten Minuten lief, kamen auch schon interessierte Mitcamper vorbei. Zuerst kamen die Radreisenden Micha und Hanne aus der Eifel stammend vorbei. Die beiden sind trotz ihres Rentenalters unglaublich fit auf ihren Trekkingrädern durch Deutschland unterwegs. Wir tauschten uns noch über unsere Reisen aus, als bereits die ersten 20 Minuten des Spiels dahin strichen. Die beiden hatten viel aus ihrem Leben zu erzählen. Mitunter das lustigste war als Micha erzählte, wie er das Rauchen aufgehört hatte. Er hat wohl 45 Jahre seines Lebens geraucht, bis er an einer recht schweren Bronchitis erkrankte. Nach 7 Wochen war diese wohl überstanden und danach vergaß er einfach das Rauchen. Als es ihm mal wieder einfiel hat er sogar noch versucht wieder anzufangen aber es schmeckte ihm einfach nicht mehr. Wir konnten es kaum glauben. Mittlerweile gesellten sich noch ein Kayak-Reisender, ein Radreisender, der Chef der Camping Anlage, sowie der örtliche Hafenmeister in die Runde und wir alle schauten mehr oder weniger konzentriert wie Italien versuchte, den frühen Rückstand wettzumachen. Wie zitierte Micha so treffend: ‚Fußball ist die schönste Nebensache der Welt.‘ Das trifft ihn diesem Falle total zu.
Der überaus sympathische Hafenmeister brachte dann sogar noch Biernachschub und verlegte die Kabeltrommel, damit der Strom nicht versiegte. Ebenfalls wurde noch ein Feuer gestartet für die Atmosphäre, besser könnte so ein EM-Finale nicht laufen. Die Verlängerung im Spiel übertrug sich auf den Abend und so plauderten wir noch eine ganze Weile mit den Mitreisenden, bevor es dann zu Bett ging.
Am nächsten morgen brauchte jeder vermutlich etwas länger als sonst. Ich war zwar recht früh auf, Moritz und Vincent waren aber noch tief am schlafen. Schließlich kamen auch Micha und Hanne aus ihrem Zelt und Micha murmelte in seinem Eiffelaner Dialekt: ‚Isch weiß auch nit so recht aber isch bin noch net so ganz bei mir‘. Die beiden waren dennoch recht zügig wieder abfahrtbereit und so verabschiedeten wir uns von ihnen. Ihre Tochter und Enkel wohnen sogar in Freiburg, vielleicht kommt es also zu einem Wiedersehen. Wir wünschen den beiden eine weiterhin gute Reise!
Glücklicherweise hatten wir an diesem Tag auch nicht mehr viele Radkilometer geplant, denn wir hatten zur körperlichen Abwechslung Paddeln im Kanadier auf der Tagesordnung. Der Hafenmeister ermöglichte uns dies noch zu einem Freundschaftspreis und so paddelten wir zuerst die Peene stromaufwärts, bis wir einen kleinen Hafen/Rastplatz erreichten. Dort wurde dann das mitgenommene Proviant verschlungen. Als wir uns etwas sicherer fühlten mit der Nussschale (gerade bei Ein und Ausstieg), wurde dann auch gebadet und Haare gewaschen. Wir paddelten dann zwar wieder Strom-abwärts, jedoch war bei diesem fast stehenden Gewässer der Wind entscheidender und der blies in die andere Richtung. Dann hieß es nochmal kräftig reinpaddeln und wir erreichten gegen Nachmittag dann wieder den Heimathafen (Paddelroute wurde übrigens auch mitaufgezeichnet, siehe nächste Tagesetappe).
Nun ging es wieder mit den Rädern weiter und da sich die Anzahl an Radgeschäften (und Städte generell) langsam ausdünnte, wurden in Anklam noch einmal die Räder aufgerüstet. Bei meinem Rad waren die Mäntel langsam mehr als durch. Die spröden Stellen im Gummi beherbergten schon ordentliche Mengen an Sand, der kaum abzulösen war. Auch Vincent und Moritz hatten dieses Problem, jedoch nur hinten. Und so wurden 4 Mäntel gekauft, ein Fahrradständer für Moritz, Bremszüge und einen Seitenschneider. Bei der nächsten Pausegelegenheit wurde dann das Gekaufte auch direkt eingebaut. In solchen Momenten freut es einen auch innerlich, dass es sich gelohnt hat, auch einen 8er Inbus Schlüssel (für den Ständer) und einen Bremszugmantel bereits seit 4000 km im Gepäck mitgeschleppt zu haben. Eine Stunde später stand dann Moritz Fahrrad wieder wie eine eins und die Hinterbremse von Vincent ging nach Loslassen des Bremshebels auch wieder auf.
Alle Mäntel waren montiert und so ging es entlang des Haffs bis nach Usedom. Dort schliefen wir in einem schönen Nadelwald. Der Untergrund war so gut bemoost, dass Moritz das Aufblasen der Matratze wegließ. Morgen geht es dann schließlich nach Polen und dort wird es dann erstmal heißen: Richtung Osten!