Der Traumschlafplatz im Discgolfpark bescherte uns eine sehr erholsame Nacht. Vincent's Knöchel erholte sich jedoch nur sehr langsam von seinem Malheur. Die gewünschte Blitzgenesung trat leider nicht ein und so berieten wir an diesem Morgen noch einmal ausführlich die Pläne für die nächsten Tage. Bisher war schließlich nur der Bus von Linköping nach Kopenhagen gebucht. Mit dem einen Tag extra, den wir uns in Finnland unvorhergesehen erradelt haben konnten wir auch noch einen Tag in Stockholm Pause machen. Wir beschlossen schließlich noch nicht aufzugeben und wollen versuchen Linköping irgendwie bis zum 15. August zu erreichen (zur Not auch mit Bus). Mit dieser Planungssicherheit konnten wir uns nun auch um den Rest der Rückfahrt kümmern. Dies war leider aufgrund schleppender Digitalisierung mit deutlich mehr Anstrengung verbunden als erhofft. Zum einen ließen sich Fahrradtickets für den Zug Kopenhagen - Hamburg nicht online buchen und zum anderen war der eigentlich für mich ideale Schnellzug Hamburg - Freiburg schon mit allen Fahrrädern (gerade mal 6 im geamten ICE) belegt. Ärgerlicherweise musste ich mich bei jeder Suchanfrage bis hin zum abschließenden 'Jetzt buchen' durchklicken, um dann enttäuscht zu werden 'Kein Fahrradstellplatz verfügbar'. Ich rief daher noch beim Kundenservice an, der erst nach 50 Minuten die trällernde Warteschleifemusik unterbrach. Der Mitarbeiter war sehr freundlich und auch sehr fix beim Durchschauen der Optionen, riet mir aber, nachdem ich eine Heimfahrt mit 8 mal Umsteigen ablehnte, dazu, die Laufräder aus dem Fahrrad herauszunehmen und dann das Fahrrad einfach als Gepäckstück zu nehmen. Auch das war mir etwas ungeheuer und so buchten wir einen Flixbus von Kopenhagen nach Hamburg, einen Zug mitten in der Nacht von Hamburg nach Frankfurt und wiederum ein Bus von Frankfurt nach Freiburg.... na das kann was werden.
Mittlerweile war der Tag schon etwas vorangeschritten und ein ordentlicher Schauer zog sich über uns zusammen. Glücklicherweise hielt unser Unterschlupf einigermaßen dicht. Anschließend begaben wir uns in die Stadt und checkten in einem Hostel ein, dass wir bereits am vorigen Tag auf der Fähre gebucht hatten als wir noch die Hoffnung auf einen gepäckfreien und mobilen Besichtigungs-Tag in Stockholm hatten. Aufgrund der schwedischen Preise wählten wir das mit Abstand Günstigste: ein Zimmer ohne Fenster... für 75 Euro. Die Bewertung 'es ist dank Lüftungsanlage sehr gut auszuhalten' war nur bedingt zutreffend, irgendwie wollte da nicht wirklich viel Luft aus dem Schacht kommen. Während Vincent sich noch auf die Ohren haute, gingen Moritz und ich noch auf kleine Erkundung und schlenderten an den Küstenpromenaden.
Bewaffnet waren wir mit Scheere, Kamm und Rasierhobel, denn Moritz wollte noch einen freshen Haarschnitt bevor er siene Schwester in Hamburg besuchen möchte. An einem felsigen Abschnitt kletterten wir kurzerhand etwas hoch und ich konnte mit fantastischem Ausblick Moritz' Mähne stutzen. Wie immer war mein Stammkunde höchstzufrieden :-) (oder tat zumindest so). Danach gingen wir noch in eine schöne Bar am Ufer und Vincent kam mit seinem neuen Lieblingsgefährt (E-Roller) dazu. Zur Erfrischung bestellten wir Bier vom Zapfhahn in der Hoffnung es ist nicht allzu teuer. Weit gefehlt! Mit über 7 Euro für 0.4l waren wir dann doch etwas geschockt. Aber beim Bier macht eben auch ein wenig der Preis den Geschmack und so genossen wir bei ein paar Runden Skat den Sonnenuntergang in Stockholm.
Die Nacht im Hostel war dann wie befürchtet eher weniger zum genießen. Wir ließen sogar die Tür einen Spalt zum Flur hin auf, um immerhin etwas frischere Luft zu erhaschen. Während wir also vom vorigen Unterstand im Park nur träumten riss uns der Wecker am nächsten Morgen anstelle der Sonne aus dem Schlaf. Immerhin war das Frühstücksbuffet reichlich gedeckt und so gingen wir gestärkt wieder auf den Rädern raus aus Stockholm. Auf dem Weg legten wir noch einen Stop ein beim Laden: billigiphone.se Ja, das stand genau so auf der Tür, und tatsächlich gibt es das Wort 'billig' in schwedisch. Dort legte sich Moritz ein Ersatzgerät zu. Sein Oldtimer iPhone 6 hatte vor ein paar Tagen leider den Geist aufgegeben. Nun geht es für ihn mit einem iPhone 8 in charakterunterstreichendem rose-gold (bzw. eben dem billigsten verfügbaren Modell) weiter.
Gegen Nachmittag schüttete es innerhalb weniger Minuten aus Kübeln und wir retteten uns unter einen überdachten Eingangsbereich eines Einkaufszentrums. 5 Minuten später kamen dann auch völlig durchnässt zwei Biker dazu, die in voller Montur (lange Haare zum Zopf, Sonnenbrille, Slipknot T-shirt, Lederhose) aussahen als hätten sie tatsächlich gerade ein Rock-Festival besucht (oder gespielt), aber als sie dann in Unterhose ihre Wäsche zum trocknen auslegten waren wir direkt auf einer Wellenlänge. Während das Gewitter über uns nur so tobte und der Donner dem Blitz in unter 2 Sekunden folgte kochten wir ein paar Tassen Kaffee und Porridge. Die zwei Biker nahmen das Angebot des Kaffees dankend an und so verbrachten wir noch eine Weile gemeinsam beim Abwarten. Als sich das Gewitter schließlich verzog machten auch wir uns wieder auf den Weg
Nachdem wir die städtischen Auswüchse hinter uns ließen eröffnete sich uns das herrliche Panorama der schwedischen Landschaft. Rote Häuser, Fjorde die man nur mit Fähre queren konnte und herrliche Seen waren Vorbote was uns in Schweden noch erwarten würde. Einziges Problem dieser wenig belebten Natur war dass wir keinen Supermarkt weit und breit mehr fanden und schließlich auf einen '24 Food' stießen. Dieser Laden ist unbemannt und man kommt rein wenn man sich über eine App registriert. Darin kann man dann selbstständig einkaufen und bezahlt mit Karte, sehr praktisch in solchen dünn besiedelten Regionen. Mit Abendessen und Frühstück ausgestattet erreichten wir schließlich einen vielversprechenden See, der sich als absoluter Volltreffer entpuppte. Es gab eine Bank, ein Stück ebene Wiese fürs Zelt, einen herrlichen See, sowie eine kristallklare Wasserquelle direkt daneben. Wir konnten sogar noch ein Feuer starten und ließen den Abend bei Gitarrenmusik und Sternehimmel ausklingen. Währendher badete ein Teil unserer Wäsche sowie das nicht mehr sauberzubekommende Trockentuch im frischen Quellwasser, ganz nach dem Motto: Gut eingeweicht ist halb gespült (bzw. gewaschen) ;-)