Hotel Alfonso
von Jared Faißt
am 02.06.2021
Start
Roma
🇮🇹 Italien
Ziel
Capranica
🇮🇹 Italien
Strecke
66,99
km

Wir verließen Rom in den Vormittagsstunden und kämpften uns durch den Verkehr in Richtung ländliche Region. Mit Abnahme der Straßenqualität nahm zumindest die Verkehrsdichte ebenfalls ab und die Schönheit der Landschaft nahm zu. Da wir als nächstes größeres Ziel den Urlaubsspot von Vincents ehemaligem Lateinlehrer in Monte Fiascone im Visier hatten und die Strecke sowieso zu lang wäre für eine einzelne Etappe gingen wir es insgesamt eher gemütlich an... Fast zu gemütlich. Als wir dann um halb 8 erst den Abendeinkauf erledigten und uns noch mitten in sehr bergigem Gebiet befanden, merkten wir, dass die Schlafplatzsuche jetzt dringend beginnen muss. Das Gebiet war bis auf die Siedlungen eher dicht bewaldet und vereinzelt landwirtschaftlich genutzt. Bei einer Baumplantage (Frucht keine Ahnung) fragten wir schließlich den Farmer mit der Hoffnung dass er uns einfach zwischen den Baumreihen schlafen lassen würde. Dieser überlegte jedoch kurz und schickte uns schließlich 200 Meter weiter und dann auf eine Schotterstraße die angeblich zu einem Casa führt, in dem wir schlafen könnten. Etwas verwundert folgten wir dem Ratschlag und waren beinahe schon zufrieden mit dem Wald, in dem wir uns kurze Zeit später dann befanden. Das Casa weckte aber doch noch etwas Neugier in uns und so radelten wir weiter bis wir an eine gewaltige Hofeinfahrt mitten im Wald gelangten.

Das Casa Grande

Verunsichert passierten wir das geöffnete Stahltor und gingen die sehr lange Allee hinunter zum Anwesen. Katha summte Hotel California vor sich hin, wir wussten noch nicht, wie sehr Recht sie damit haben wird. Dort bemerkten wir zuerst ein riesiges Haus, das jedoch komplett verschlossen war. Daneben war eine ebenfalls riesengroße Wiesenfläche, die super zum Campen geeignet gewesen wäre. Wir versuchten noch jemanden dort zu finden und liefen schließlich zum kleineren Haus dahinter hinunter. Dort wurde Vincent dann jedoch direkt von Wachhunden in Empfang genommen und zurückgebellt. Soeben ertönte ein Pfiff und ein älterer Mann names Alfonso beruhigte die Hunde damit direkt. Da er kein Englisch verstand, zeigten wir ihm auch wieder einmal unseren vorgefertigten Text. Während er laß, gab er bereits einen Daumen hoch (ich vermute was die Spendenaktion betrifft... an dieser Stelle schon mal ein herzliches Dankeschön an alle, die sich bereits beteiligt haben!!). Danach führte er uns zu der Wiese und signalisierte uns, dass wir da schlafen dürfen. Er zeigte uns auch ein Badhäuschen, das wir nutzen können. Während er uns alles erklärte, überlegte er doch noch einmal kurz und fragte schließlich ob wir im Casa grande schlafen wollen. Es sei ‚no problemo‘. Wir willigten ein und kurze Zeit später standen wir in dieser riesigen Herberge, die wohl sonst für Pfadfinder Aktionen oder ähnliches genutzt wird. Wir durften die Küche mit Gasherd, sowie sogar warme Duschen verwenden und an Schlafplatz mangelte es ebenfalls überhaupt nicht. Voller Freude und etwas fassungslos, wieviel Glück wir mal wieder hatten, machten wir es uns bequem und starteten mit dem Abendessen.

Wenig später kam sein Sohn Sandro vorbeigefahren und erkundigte sich, ob wir noch irgendwas benötigen. Da Sandro sehr gut Englisch spricht, konnten wir uns bestens unterhalten. Er zeigte uns auch nochmal alles wichtige und versicherte uns, dass wir ihn jederzeit anrufen können, wenn wir noch was brauchen. Schließlich fuhr er wieder fort und Alfonso kam nochmal herein. Er bemerkte, dass wir bereits Nudeln im Kochwasser und Zucchini in der Pfanne hatten. Er fragte uns etwas mir ‚Carne‘ (Fleisch) aber wir signalisierten ihm ‚tutto bene‘. Das schien ihn wohl nicht zufrieden zu stellen und etwa 30 Minuten später kam er wieder mit einem Gitter voll gegrilltem Fleisch und Brot und 3 Bier.

Kleiner Zusatz von Katha:

Wir hatten das Angebot, dass Alfonso uns Carne bringt, zwar mit Worten abgelehnt, aber Jareds Augen sprachen wohl eine andere Sprache, die Alfonso bestens verstand. In der zweiten Woche noch stolz beteuert, dass er bis jetzt zu 100% vegetarisch unterwegs ist, fiel Jared wie ein wildes Tier über das zähe Fleisch her (Vincent und ich haben uns an Tag 4 eine Salami gegönnt). Soviel dazu. Nachdem wir unsere Vitamin B-12 Speicher wieder aufgefüllt hatten, konnten wir wieder zu unserer gewohnten vegetarischen Kost zurückgehen und verdrückten noch die Zucchini-Nudeln.

Wir waren sprachlos an dieser Stelle und wussten nicht so recht, wie wir uns so eine Gastfreundschaft ohne gescheite Kommunikationsmögichkeit überhaupt verdient haben. Ohne Frage geht natürlich folgende Auszeichnung an diesen herzlichen Menschen:

MVP des Tages: Alfonso

Nachdem wir also mal wieder über den Hunger gegessen hatten, legten wir noch eine abendliche Sportsession in Form von improvisiertem Tischtennis ein. Eine warme Dusche später schliefen wir auch schon hervorragend inmitten dieser Naturoase. Am nächsten Tag konnten wir unser morgendliches Porridge sogar mit frisch reifen Kirschen vom Kirschbaum erweitern und verließen nachdem wir alles gepackt hatten mit wehmütigem Herzen das Anwesen um nach Montefiascone weiterzureden.

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