Am Morgen freuten wir uns besonders darüber, dass unsere Ferienwohnung von der Familie des lokalen Edekas geführt wurde, der auch direkt gegenüber lag. Ein Edeka mit Ferienwohnung, wo gibt‘s denn sowas?
Einen weiteren Endorphinschub erhielt Jared, als wir an der Kasse die Alnaturariegel fanden. Wir langten natürlich kräftig zu!
Wir rollten in Richtung Passau los, doch Jared merkte schnell, dass eine längere Etappe auch heute nicht möglich ist. Daher entschlossen wir uns, eine Ferienwohnung für zwei Nächte zu buchen, um uns allen etwas Erholung zu gönnen. Erstaunt stellten Jared und ich fest, dass wir nun seit dem Besichtigungstag in Rom jeden Tag durchgefahren sind.
Wir fanden eine kleine Ferienwohnung in Engelhartszell an der Donau bei Familie Huber.
Bevor wir uns auf den Weg dorthin machten, nutzten wir die Vorzüge einer Stadt wie Passau um einige Erledigungen zu machen. Wir ließen uns PCR- und schnell-testen, besorgten neue Kartuschen für unsere Kocher, Ersatzteile für die Fahrräder und suchten vergeblich nach einer neuen Frisbee.
Besonders beeindruckte uns der Zusammenfluss von Donau und Inn mit ihren unterschiedlichen Farben und Temperaturen. Der gelernte Kreisliga-AbräumerJared grätschte beim Versuch die Temperatur zu erfühlen mal eben „ohne Rücksicht auf Verluste“ mit den Stollen voraus in die Donau rein, was ihn dazu zwang den restlichen Tag in Flip-Flops zu fahren.
Wir rollten entlang der Donau in Richtung Österreich. Bei einer kleinen Badepause trafen wir unseren
MVP des Tages: unbekannt
Bei der Badestelle trafen wir einen freundlichen Mann, der sich gerade selbst zu einer kleinen Radtour aufmachen wollte. Wir kamen etwas ins Plaudern und erzählten von unserer Route. Nachdem wir uns eigentlich schon verabschiedet hatten, kam er noch einmal mit einigen Scheinen bewaffnet auf uns zu und drückte uns mal eben 100€ (50€ für die Spendenprojekte- 50€ für uns) in die Hand. Nachdem wir perplex mehrfach nachfragten, freuten wir uns natürlich riesig über diese Spende.
Nachdem wir unsere voll beladenen Räder über ein Wehr mit 90 Stufen geschleppt hatten, waren wir wieder zurück in Österreich und direkt an unserer kleinen Ferienwohnung bei der netten Familie Huber. Wir ließen den Abend mit Skat und EM ausklingen und freuten uns schon auf den morgigen freien Tag.
Leider hatte sich Jareds internes Import-Export-Problem auch heute noch nicht gelöst. Deshalb beschlossen wir, es etwas langsamer angehen zu lassen. Nach einigen Kilometern fanden wir einen kleinen Badesee, den wir nutzten, um uns und unsere Räder wieder auf Vordermann zu bringen. Unsere Räder sind in den letzten Tagen, aufgrund der Anhaltenden Trockenheit und der vielen Schotterwege entlang des Inn ordentlich verstaubt. Mit der richtigen Technik aber kein Problem:
Im flachen Wasser des Sees spielten wir eine Runde Frisbee. Seit über 2500 km schleppen wir dieses wunderschöne orangene Stück Plastik mit uns rum. Es ist das einzige Gespäckstück, das unsere vekümmerten inzwischen streichholzförmigen Arme noch ab und zu fordert. Besonders gerne spielen wir in flachem Gewässer - das wurde uns nun zum Verhängnis.
Kurzbeschreibung des Vorfalls:
Jared (Linkshänder) wirft einen wohltemperierten Rückhand-Hyzer in Richtung des in etwa 30m entfernt postierten Fängers Vincent. Letzterer verschätzt sich vollkommen, macht einen Schritt in die falsche Richtung, bemerkt seinen Fehler und versucht mit einem heroischen Hechtsprung elegant die Frisbee aus der Luft zu fischen, wobei er auf ganzer Linie versagt. Die Frisbee segelt gemächlich direkt in den am dichtesten bewachsenen und trübsten Teil des Sees.
Details können den Bildern (aufgenommen von Moritz - in chronologischer Abfolge) entnommen werden:
Auch der sofort ausgerückte Suchtrupp konnte leider keine Spur mehr aufnehmen, trotz digitaler Unterstützung durch Unterwasseraufnahmen der GoPro. (Lessons learned: WLAN funktioniert nicht unter Wasser!)
Nach langer vergeblicher Suche, kehrten wir ernüchtert ans Ufer zurück.
Bye, bye Gepäckstück des Tages: Frisbee! Du hast uns viele schöne Stunden beschert!
Für die Kenner des Discgolf Sports daher noch eine kurze Beschreibung dieser Frisbee. Insgesamt sind die Discgolf Frisbees kleiner als gewöhnliche Freizeit-Discs und daher ideal für uns zum mitnehmen. Die Flugbahn und auch wie man sie wirft unterscheidet sich jedoch deutlich. Es gibt sogenannte Driver-Discs, die wir mit unserer Technik etwa knapp über 100m geworfen bekommen und die sich aufgrund der teils scharfen Kanten und hohen Geschwindigkeiten kaum zum Freizeitspielen eignet. Zum anderen gibt es dann Putter Discs. Diese sind zum versenken aus kurzer Entfernung in den Korb gedacht und daher auch für langsame Geschwindigkeiten ausgelegt. Ideal also auch zum Freizeitzocken. Unsere Disc war ein Putter von Discmania, die wir beim Opening Event des Discgolfkurs im Dietenbachpark Freiburg gewonnen hatten. Parameter der Discs waren hierbei
Speed: 2
Glide: 3
Turn: 0
Fade: 0
Hoffentlich finden wir bald Ersatz, schließlich erwarten uns noch einige Discgolfkurse in Tschechien.
Leider ging es auch nach der längeren (wenn auch strapaziösen) Pause nicht wirklich weiter und wir fanden eine schöne kleine Ferienwohnung in Neuburg am Inn. Inzwischen sind unsere primären Bedürfnisse relativ profan, wenn es um feste Unterkünfte geht. Die oberste Priorität hat eindeutig die Waschmaschine: Ich dachte nie, dass der Anblick einer solchen mich mal so glücklich machen würde. Auch weit oben auf der Prioritätenliste stehen Steckdosen. Inzwischen haben wir ein ausgeklügeltes System entwickelt, wie wir unsere Geräte (Powerbank 1, Powerbank 2, Drohne, iPad, Handys…) mit einer begrenzten Anzahl an Kabeln in kürzester Zeit laden. Anfängerfehler, wie ein iPad bei 17% nach einer Nacht im Hotel, passieren uns dadurch glücklicherweise nicht mehr.
Wir verbrachten den Nachmittag mit Wäschewaschen, Entspannen, Skatspielen und vor allem mit dem Schauen der EM-Spiele.
Aufgeweckt von der bayerischen Sonne, die auch früh morgens schon beeindruckende (oder beängstigende?) Kraft hatte, startete mein erster Fahrrad-Tag. Als Neueinsteiger war mir die schwere Wahl eines passenden Schlafplatzes dankenswerterweise abgenommen worden - natürlich in der kuscheligen Mitte! Während wir uns noch in unseren Schlafsäcken hin und her drehten richtete Luca, der sich wohl seinen Titel als „Mitarbeiter des Monats“ endgültig sichern wollte, bereits ein köstliches Frühstück mit frischem Kaffee her.
Beim Zusammenpacken wurde mir klar, dass Jared und Vincent bereits ein paar Tage unterwegs waren. Routiniert und in professionelles Schweigen gehüllt, wurde für jedes Teil eine passende Tasche gefunden und somit das totale Chaos in einen transportablen Zustand gebracht.
Nach der Verabschiedung von Luca und seiner noch nicht ganz ausgewachsenen Kamera machten wir uns daran, den Inn entlang zu rollen. Dank Fahrtwind war es trotz bereits fast 30 Grad recht angenehm und die dicke Schicht Sonnencreme (Lichtschutzfaktor 50 natürlich) sollte uns auch vor der kurzwelligeren Strahlung gut schützen.
Da Jareds inneres Kraftwerk Probleme mit der Logistik hatte, kamen wir an diesem Tag nicht besonders weit voran und verbrachten recht viel Zeit an einem schönen Badesee.
Ein paar Kilometer und einen Badesee weiter trafen wir auf einen (nach eigenen Angaben) ehemaligen Spieler der dritten Mannschaft des SC Freiburg, der die eine oder andere Story über seine Vergangenheit mit Jogi Löw zum Besten gab.
Am Abend, bereits auf der Suche nach einem Spot für unser Zelt, hatten wir noch das Glück, eine sympathische Biberfamilie kennen zu dürfen.
Da mein Vater im Naturschutz arbeitet und dabei speziell im Bibermanagement tätig ist, haben wir ihn um einen kleinen Gastbeitrag gebeten:
Gastbeitrag: Biber
Der Sommer ist für die Biberfamilie eine Zeit großer Aktivität. Nachdem die Familie den Winter gemeinsam im Bau verbracht hat, sind jetzt die Elterntiere und die Einjährigen reichlich mit Fressen, Dammbau, Reparaturarbeiten and der Burg und mit ihrem Familienleben beschäftigt. Wo sie ungestört sind, sind sie auch gerne am Tag zugange. Die Zweijährigen Tiere haben im Frühjahr die Familie verlassen um eine eigene Familie zu begründen. Sie machen dem Bibernachwuchs Platz, der etwa im April voll behaart und sehend das Licht der Welt erblickt. Nachdem die Jungbiber etwa drei Monate gestillt wurden, begleiten sie im Sommer ihre Eltern und Geschwister das erste mal in die Welt außerhalb des Baus. Hier gibts es viel für sie zu lernen und zu entdecken.
Um den Tieren ihre Ruhe zu lassen, haben wir unser Lager dann doch einige hundert Meter weiter an einem kleinen See aufgeschlagen.
Am nächsten Morgen war Jareds Import-Export-Problem leider noch nicht gelöst, weshalb wir weiter in gemächlichem Tempo und mit einigen Unterbrechungen am Inn entlang rollten.
Nach einem kurzen Abstecher nach Österreich machten wir uns auf der deutschen Seite recht früh auf die Suche nach einem Übernachtungsplatz. Wir mussten lernen, dass Seen und Wiesen zwar nah und doch sehr fern sein können. Auf die Frage, wo ein Plätzchen zum Zelten zu finden sei, wusste ein älterer Bayer inmitten eines (bzw. seines) Sees (umringt von einer mehrere Hektar großen Wiese) leider nur zu sagen: „Dos hier isch privot!“.
Ein paar Kilometer später wurden wir mit einem wunderschönen Spot direkt am Inn entschädigt. Dort konnten wir uns im erfrischend kalten Wasser abkühlen. Dank der hervorragenden österreichischen LTE Netze gönnten wir uns am Abend noch das deutsche EM-Spiel und freuten uns nicht nur über den Sieg, sondern auch über Vincents gutes Händchen bei unserem Wettspiel.*
Jared hatte nach wie vor Probleme mit dem Rohstoffmanagement und dementsprechend gingen wir mit gemischten Gefühlen ins Zelt.
*Glücksspiel kann süchtig machen.
Heute ging es mal ohne Höhenmeter an der Inn entlang Richtung Deutschland. Dennoch fühlte es sich nicht nach einer entspannten Etappe an, denn der Wind fing ab mittags an kräftig uns entgegenzuwehen und so hatten wir doch ganz schön zu knabbern bis wir schließlich die deutsche Grenze erreicht haben. Dort hatten wir einen kleinen Badesee ausfindig gemacht, den wir auf übernachtungstauglichkeit prüfen wollten. Dort angekommen fanden wir diesen malerischen See mit kristallklarem Wasser.
Nach ein wenig Abkühlungsaktivität kam Vincent schließlich mit der Idee zurück, auf dieser Insel aus Kanister mitten im See zu schlafen. Generell wollten wir mal unsere Rackpacks auf ihre Schwimmtauglichkeit prüfen und so wurde aus der Schnapsidee langsam ein Plan. Auf festem Boden stärkten wir uns zuerst noch mit Pasta a la Norma und zur gleichen Zeit kam Andi mit einem seltsamen Gefährt vorbei. Es sieht aus wie ein normales kleine Surfbrett, hat jedoch eine lange vertikale Stange am Heck mit einem flügelartigen Gebilde. Das ganze nennt sich wohl Fliteboard, bzw. Foil Surfing (ich blicke noch nicht ganz durch) und das ganze gibt es wohl entweder mit Antrieb, womit man dann entspannt übers Wasser cruisen kann oder eben ohne Antrieb (wie hier). Um trotzdem vorwärts zu kommen muss man so eine Art Pump-Bewegung mit dem ganzen Körper vollführen. Wie das in etwa aussehen sollte sei hier mal verlinkt:
Ich fragte Andi, ob ich das auch mal ausprobieren darf. Er kam immerhin schon so auf 8-10 Pumps und konnte dabei schon fast wieder zur Insel zurück surfen. So schwer konnte das doch nicht sein. Andi winkte mich auf die Insel und ich versuchte mein Glück. Wie das dann bei mir aussah sieht man hier :-D
Ich bin also noch weit weg davon, diese Sportart zu meistern, aber Spaß macht es auf alle Fälle und gerade so ein Board kombiniert mit Windsurfen oder Kitesurfen stelle ich mir recht cool vor.
Als die Luft schließlich rein war und alle Seebesucher die Heimreise antraten machten wir uns auf den Weg zur Insel. Zu unserem Glück schwamm noch ein herrenloses Surfbrett herum, das wir zur Schlafsachengepäckbeförderung nutzten. An der Insel angekommen machten wir es uns bequem und merkten schnell, dass jede Bewegung ordentlich nachschaukelte. Wir schliefen dennoch schnell ein und am nächsten Morgen wurden wir dann auch früh von der Sonne geweckt.
Es folgte die streckenmäßig längste Etappe der Tour. 107 km am Inn entlang ging es nach Mühldorf. Dort haben wir uns mit meinem alten Freund Luca verabredet, der schon sehr früh seine Unterstützung im Bereich Rosenheim uns angeboten hat. Zu der Zeit war er bei seinem Freund Dennis in Mühldorf und das passte auch für uns hervorragend. Die letzten 4 Tage in der Wildnis produzierten dann doch auch eine Menge Wäsche und eine Dusche ist auch immer gern gesehen. Nach einem langen, heißen und sehr anstrengendem Tag kamen wir schließlich abends an und die Wiedersehensfreude war sehr groß. Wir hatten uns in etwa 6 Jahre nicht mehr gesehen, damals waren wir noch als junge Gletscherpioniere am Piz Buin unterwegs :-D
Wir wurden essensmäßig reichlich verwöhnt und schließlich kam mit dem Zug aus seinem Heimatort bei Ulm auch Moritz zu uns! Wir sind ab jetzt also wieder zu dritt auf den Rädern unterwegs. An dieser Stelle nochmal herzlich willkommen!
Die Nacht verbrachten wir auf der großen Dachterasse, bevor es dann am nächste Tag weitergehen wird… an der Inn entlang.